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Freitag, 30. April 2010

Behauptungen statt Tatsachen - Journalismus und Politik

Qualitätsjournalismus scheint wirklich auf die Rote Liste der bedrohten Arten zu gehören. Auch unter Politikern glaubt man oftmals lieber, etwas sei so oder so, statt sich der Faktenprüfung zu widmen. So ein unverantwortliches Verhalten kann ein aufgeklärter Staat sich eigentlich nicht leisten. Oder vermeintliche Information verkommt immer mehr zu reiner Propaganda und Manipulation. Generell wäre es wünschenswert, wenn Politiker und Journalisten Fakten offenlegen, aus denen sie ihre Schlüsse ziehen. Dann könnte jeder für sich nachprüfen, ob eine Schlussfolgerung berechtigt oder nur so dahergesagt ist.
Manchmal würde eine kurze telefonische Nachfrage schon helfen, eine Behauptung mit Tatsachen zu unterfüttern, oder ein Hinweis darauf, unter welchen Umständen man an eine Information gelangt ist. Dafür müsste die Zeit schon ausreichen, sonst brauchen wir wirklich keine professionellen Medien mehr, wenn manch Blogger verlässlichere Quellenangaben machen kann und sich dem Pressekodex mehr verpflichtet fühlt als die Etablierten.

Ein neueres Beispiel für ganz schlechten Stil in der Presse liefert der Spiegel. Früher war das Magazin mal bekannt für seine gut recherchierten Veröffentlichungen, die Hand und Fuß hatten. Heutzutage wird offenbar auch mal im übelsten Boulevardstil (aufs einfachste widerlegbare Behauptungen, verleumderische Wortwahl, Halbwahrheiten, Tatsachenverdrehungen, usw.) Uraltlavendel aus der Mottenkiste gepackt, um Klimaskeptiker zu spielen. Das Beispiel: Die Wolkenschieber

Und hier die Kommentierung der übelsten falschen und halbwahren Behauptungen von einem der bekanntesten deutschen Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (Infothek des PIK). Ihm ist es offenbar lobenswerter Weise ein Anliegen, der Öffentlichkeit wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln und sie nicht mit Unfug zum Thema alleine zu lassen. In einem anderen Kommentar nimmt er zusammen mit Kollegen weitere Klimaskeptiker- und unbegründete Medienbehauptungen auseinander, welche die Verlässlichkeit der IPCC-Berichte (Zusammenfassungen in Deutsch und anderen Sprachen stehen unten auf der Seite zum Herunterladen bereit) in Frage stellen. (IPCC = Intergovernmental Panel on Climate Change, umgangssprachlich auf Deutsch Weltklimarat). Rahmstorf verweist auch auf einen Artikel der Süddeutschen Zeitung über die Geldquellen und Summen, mit denen Klimaskeptiker so bezahlt werden für die Verbreitung von Skepsis und Zwietracht.

Aber nicht nur der Spiegel fällt durch die Verbreitung von Blödsinn auf. Vor Kurzem verbreitete der Deutschlandfunk - den ich sehr schätze - im Zusammenhang mit dem Kippen der Vorratsdatenspeicherung unkommentiert eine Äußerung von Herrn Bosbach (CDU), der u.a. sinngemäß behauptete, ohne Vorratsdatenspeicherung wären Menschenleben in Notfällen gefährdet. Ich habe keine Ahnung wie es Menschenleben retten sollte, wenn man 6 Monate nach einem Notfall noch herausfinden kann, wer mit wem wie lange telefoniert hat, vielleicht auch noch von wo nach wo? Weshalb fühlt sich irgendwer genötigt, solchen Unfug zu verbreiten? Ist der, welcher solchen Unfug verzapft saublöd oder hält er den Rest der Welt für saublöd oder gibt es andere Gründe, weshalb sich jemand selbst so zum Trottel machen sollte?

Dann das leidige Thema Guantanamo-Häftlinge. Schon dieses Wort ist missverständlich, denn es suggeriert, dass es sich bei den Leuten um rechtmäßig Eingesperrte handelt. Dem ist aber nicht so. Bei den Leuten, die freigelassen werden sollen, handelt es sich durchweg um Menschen, die sich nachweislich nichts haben zu Schulden kommen lassen. Die Amerikaner hatten viele Jahre Zeit, Beweise zu finden, auf rechtsstaatliche Mittel allein waren sie dabei nicht angewiesen. Wie man mitbekommen hat, wurden Methoden angewendet, die jeder Diktatur zum "Ruhm" gereicht hätten. Das betrifft die Gefangennahme, die Befragung und die Gewahrsam gleichermaßen.
Auch wenn womöglich nicht jeder Gefangene tatsächlich massiv gefoltert wurde. Psychische Folter müssen alle erlitten haben, meine ich. Denn schon die Entführung und Verwahrung ohne rechtsstaatliche Einspruchsmöglichkeiten muss für jeden Unschuldigen ein Trauma bedeuten. Es handelt sich also um zu Unrecht Festgehaltene Entführungsopfer, die allesamt traumatisiert sein dürften. Man müsste diesen Menschen, wenn man sie aufnimmt, natürlich jedwede Hilfe zuteil werden lassen, um sie in ein halbwegs normales Leben zurückzuführen. Bezahlen müssten natürlich die USA als Verursacher der menschlichen Schäden. Wovor also sollte man Angst haben?
Herr Schünemann, Innenminister der CDU in Niedersachsen, ein so genannter Hardliner (in meinen Augen leidet er an übertriebenen Fremdenangst), lehnt eine Aufnahme von Guantanamo-Opfern ab, weil einige der schon Entlassenen Straftaten begangen hätten. Ich würde mir Belege wünschen, er hat ja sicherlich eine Liste von Leuten, wenn diese Behauptung denn wirklich stimmen sollte. Falls es Straftaten gab: womöglich haben ihrem Schicksal ausgelieferte, unbetreute Traumatisierte sich Essen geklaut, sind ausgeflippt und haben jemanden verprügelt oder bedroht? Oder haben sie Terroranschläge oder Banküberfälle verübt? Ich habe nichts dergleichen mitbekommen, bin aber auch nicht allhörend und allwissend. Ich hätte mir jedenfalls ein paar Erläuterungen gewünscht, wie jemand zu solchen Behauptungen kommt.
Ein paar Guantanamo-Opfer und ihre Schicksale stellt Roger Willemsen in seinem Buch "Hier spricht Guantanamo" (Zweitausendeins) vor. Es gibt sicherlich noch mehr Literatur dazu, kenne ich aber nicht. Ich habe mir aus Versehen den Akzent gespart, merke ich gerade, Guantánamo muss es heißen.

Noch ein Thema - Griechenland: Christian Semler listet in der taz auf, mit welch perfiden Aussagen die gesamt Bevölkerung Griechenlands an den Pranger gestellt wird. Und heute oder gestern schwirrte mir im Deutschlandfunk eine Aussage von irgendwem über den Weg (ich hatte leider nur mit halbem Ohr zugehört), die da behauptete, die Mentalität der Griechen sei Schuld an der Misere. Wollten wir nicht alle nie wieder Faschismus?
Wir sind gerade auf dem besten Weg dahin, wenn solche Aussagen verbreitet werden und womöglich sogar mehrheitsfähig werden. Zuerst wird auf den prekär Beschäftigten und den nicht-Beschäftigten herumgehackt, dann auf vermeintlichen fremdländischen Parasiten, Andersgläubigen, Nichtgläubigen, usw. . Klingt das irgendwie bekannt? Aus der noch nicht ganz so fernen deutschen Vergangenheit vielleicht?
Weltwirtschaftskrisen scheinen in der Tat für solche Gruppenabgrenzungen und Pauschalverurteilungen prädestiniert, die Bildungsmisere verschäft solche Haltungen noch, wenig und schlechte Bildung macht empfänglich für dumme Sprüche und hält davon ab, das eigene Hirn einzuschalten und kritisch zu hinterfragen, was eigentlich vor sich geht. Gleichzeitig hält viel Arbeit und unsichere Beschäftigung auch Willensstarke davon ab, sich zu engagieren für Demokratie und eine vernunftgesteuerte Gesellschaft. Irgendwelchen Angstbeißern wird plötzlich das Wort erteilt statt ihre Äußerungen als Unfug abzutun und zu ignorieren. Es gibt Urheber von Unsinn und Verbreiter von Unsinn, beide Seiten tragen Verantwortung. Nebenbei bemerkt, gibt es Hinweise dafür, dass Abgrenzungsbestrebungen und Fremdenfeindlichkeit die Auswirkungen von Angst sind. (Informationsdienst Wissenschaft, Nature News, Sciencenow).

Wie man vernünftig recherchiert und qualitativ hochwertig berichtet, kann jede/r Journalist/in lernen. Informationen über gute Recherchearbeit und einen informativen Newsletter bietet u.a. netzwerk recherche e.V.. Minister/innen und Abgeordnete sollten eigentlich den leichtesten Zugriff auf Fakten haben, der Ihnen von Recherchediensten und Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, wenn sie nur danach fragen. Es gibt keine Entschuldigung für die Aufstellung und Verbreitung falscher Behauptungen. Wenn doch einmal ein Fehler passiert, muss der ganz einfach, so schnell wie möglich öffentlich berichtigt werden. Fehler passieren, vor allem, wenn jemand sehr aktiv ist. Dafür hat jeder vernünftige Mensch Verständnis, sollte man meinen.

Freitag, 23. April 2010

Fotowettbewerb Stralsund & Inseln bis 1.5.2010 verlängert

Thema: Nachhaltiger Tourismus und Klimawandel

Aufnahmeorte: Region Stralsund, Rügen, Usedom, aber auch andere Küstenabschnitte Mecklenburg-Vorpommerns

Noch bis zum 1.5.2010 können pro Person 3 Fotos + Beschreibung eingereicht werden, Ort und Datum (zumindest ungefähr), Kontaktdaten. Bitte auf Überschrift klicken, um zur Wettbewerbsdatenbank zu kommen.