Für mich ist es nahezu unerträglich zu lesen, dass offenbar jemand wissenschaftliche Aussagen und wissensbasierte Empfehlungen mit Glaubenssätzen verwechselt. Glauben beruht darauf, dass die Anhänger dieses Glaubens bedingungslos glauben, d.h. nicht Überprüfbares und Belegbares so hinnehmen, wie es Ihnen die jeweiligen Glaubens-Anführer nahelegen. Etwas in Frage zu stellen gilt hier als Ketzerei, als Verbrechen.
Wissenschaftsaussagen sind belegbar und überprüfbar mit einer kleinen Einschränkung: Wer die Fakten prüfen möchte, muss die Experimente, Analysen, Simulationen und deren Interpretation verstehen und nachvollziehen können. Dafür studieren die Fachleute jahrelang. Berechtigte Kritik kann demnach nur üben, wer etwas von der Sache versteht. Und das hat nichts mit Glauben zu tun, mit Arroganz auch nicht, sondern beruht auf der Komplexität der Sache.
Ich bin Naturwissenschaftlerin und hatte selbst zumindest am Rande mit Auswirkungen des Klimawandels zu tun. Ich kann nicht alles durchschauen, aber vieles nachvollziehen aufgrund meines eigenen Wissenshintergrundes. Ich setze Vertrauen in die Mechanismen der Wissenschaft und lege das jedem aufgeklärten, vernunftgeleiteten Menschen nahe. Ich muss nicht an die Wissenschaft glauben. Das widerspräche geradezu ihrem Selbstverständnis. Ich kann mich auf wissenschaftliche Aussagen verlassen, da alle Fakten von der Expertengemeinschaft auf ihre Stimmigkeit, ihre Zuverlässigkeit und ihre Aussagekraft geprüft worden sind und in Zukunft geprüft werden.
Ab und zu fliegen Betrüger/innen auf oder werden alte Lehrmeinungen durch neue Erkenntnisse korrigiert - meistens ergänzt und nicht komplett über den Haufen geworfen. Das zeigt, dass die Kontrollmechanismen der Wissenschaft greifen. Wissenschaft verfolgt fächerübergreifend eine bestimmte Methodik: Man stellt eine Hypothese auf anhand des bestehenden Wissens. Dann überprüft man ihre Gültigkeit mithilfe von Analysen, Experimenten, Simulationen. Die Hypothese wird bestätigt, widerlegt, erweitert oder eingeschränkt. Das alles hat nichts mit Glauben zu tun.
Klimaskeptiker sind also keine Ketzer, da sie keinen Glauben in Frage stellen. Sie sind Gläubige, die dem Glauben anhängen, dass es den menschengemachten Klimawandel nicht gibt wider alle Daten und Fakten. Gläubige lassen sich nicht von ihrem Glauben abbringen, auch wenn die auf Fakten beruhende Wissenschaft das Gegenteil belegt. Über die Motive dieser Gläubigen lässt sich diskutieren, vielleicht Geltungssucht oder Lobbyismus oder anderes? Wer lieber wissen als glauben möchte, dem kann das egal sein.
Tausende Wissenschaftler/innen werden über den menschenverursachten Klimawandel weiterforschen, ihre Aussagen und Methoden an den aktuellen Wissensstand anpassen und verfeinern und zu immer verlässlicheren Interpretationen gelangen. Die ein oder andere neue Erkenntnis wird frühere Teilaussagen revidieren oder bestätigen und Prognosen immer zuverlässiger machen.
Die paar Personen aber, die dem Glauben der Klimaskepsis anhängen, werden weiterhin ihre unveränderlichen Glaubenssätze vertreten und sie verbreiten, völlig losgelöst von der Wirklichkeit.
Zu diesem Thema passt auch das Interview "Der Kampf um die Lufthoheit" mit Dr. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in der Zeit Nr. 42 vom 11.10.2007.