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Donnerstag, 7. Februar 2008

Katja Rapp will leben - Knochenmarkspender als Lebensretter gesucht!

Katja Rapp ist 35 Jahre alt. Im November 2007 ging sie zum Arzt, weil sie an unerklärlicher Schwäche und Fieber litt. Die Diagnose war erschütternd: akute myeloische Leukämie (AML), Blutkrebs. Nach zwei erfolglosen Chemotherapien in den vergangenen beiden Monaten hofft die Mutter des 20 Monate alten Benjamins nun darauf, dass irgendwo eine Person gefunden wird, die ihr gesunde blutbildende Zellen spenden kann. Ohne geeignete Spenderzellen wird sie nur noch Wochen überleben.

Über 10250 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr an Leukämie, die meisten im Alter jenseits der 60. Die chronischen, langsam verlaufenden Leukämie-Formen kommen nur bei Erwachsenen vor. Die akute lymphatische Leukämie (ALL) trifft dagegen hauptsächlich Kinder. Die AML, die Katja Rapp befallen hat, kann in allen Altersstufen auftreten. Die akuten Leukämien führen innerhalb von Wochen oder weniger Monate zum Tod, wenn sie nicht behandelt werden.

Einziger Ausweg für viele, die wie Katja Rapp an einer akuten Leukämieform erkrankt sind, ist das Abtöten der kranken Blutzellen und ihr nachfolgender Ersatz durch Knochenmarks-Stammzellen eines geeigneten Spenders. Heutzutage werden Knochenmarks-Stammzellen zu 80 Prozent aus dem Blut von Spendern gewonnen, in den anderen Fällen aus dem Knochenmark des Beckens.

Spenden kann jeder Gesunde und körperlich fitte Mensch zwischen 18 und 55 Jahren, der mindesten 50 Kilogramm wiegt und einen BMI (Body-Mass-Index) (Berechnung: Gewicht in kg / (Körpergröße in m)²) von unter 40 aufweist. Wer einen BMI von über 40 hat, leidet an massiver Adipositas. Einen BMI-Rechner und weitere Voraussetzungen für die Spende finden Sie bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS).


Wie entsteht Leukämie?

Die Auslöser für die verschiedenen Typen des Blutkrebses sind noch immer weitgehend unbekannt, auch wenn in seltenen Fällen Strahlung, Zytostatika (Stoffe, die Zellteilung und -wachstum beeinträchtigen) oder Kontakt mit krebserregenden Stoffen wie z.B. Benzol eine Rolle spielten. Grundsätzlich wird Krebs durch Veränderungen im Erbgut körpereigener Zellen hervorgerufen. Diese Veränderungen (Mutationen) verleiten die mutierten Zellen zu unkontrolliertem Wachstum.

Erkrankt jemand an Leukämie, vermehren sich die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) bzw. ihre Vorläuferzellen maßlos und können ihre eigentliche Funktion nicht mehr wahrnehmen. Leukozyten sind vielgestaltig. Sie übernehmen normalerweise unterschiedliche Funktionen in der Abwehr von Krankheitskeimen und beseitigen kranke körpereigene Zellen. Einige erkennen fremdes und krankes Gewebe, andere vertilgen die entsprechenden Zellen und zerlegen sie, wieder andere speichern die Informationen über schädliche Eindringlinge und bilden das Immungedächtnis und andere Typen haben noch weitere Funktionen im Immunsystem.


Blutbildung

Alle neuen Blutzellen, egal welchen Typs, werden im Knochenmark von Knochenmarks-Stammzellen gebildet. Knochenmarks-Stammzellen entwickeln sich weiter in zwei Arten von Vorläuferzellen. Lymphatische Vorläuferzellen werden zu einem Teil der Leukozyten. Diese Art von Leukozyten muss in den Organen des Lymphsystems nachreifen. Der andere Teil der Leukozyten, die für den Sauerstofftransport verantwortlichen roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und die für den Wundverschluss wichtigen Blutplättchen (Thrombozyten) entstehen aus myelotischen Vorläuferzellen. All diese Zellen reifen direkt im Knochenmark. Leukozyten und Thrombozyten werden nur wenige Tage alt, Erythrozyten bis zu 120 Tage. Deshalb entstehen im Knochenmark die verschiedenen Blutzellen ständig neu.


Symptome der Leukämie

Durch die Leukämie wird das Immunsystem geschwächt, weil zwar immer mehr Leukozyten entstehen, diese ihre Funktion als Gesundheitspolizei aber eingebüßt haben. Außerdem behindert die ungebremste Vermehrung und Ausbreitung der mutierten Vorläuferzellen auch die Bildung von roten Blutkörperchen und Blutplättchen im Knochenmark. Die Bezeichnung lymphatisch oder myelotisch hängt vom Typ der vom Krebs betroffenen Vorläuferzellen ab.

Symptome einer Leukämie-Erkrankung sind Blässe und allgemeine Schwäche aufgrund der schlechteren Sauerstoffversorgung des Körpers, Anfälligkeit für Infektionen, weil intakte Immunzellen fehlen, vermehrte Blutungen und blaue Flecken, weil Blutplättchen für den Wundverschluss fehlen. Da diese Symptome recht unspezifisch sind, bringen nur eine Untersuchung des Blutbilds und des Knochenmarks abschließende Klarheit.

Sind weitgehend ausgereifte (ausdifferenzierte) Blutzellen vom Krebs betroffen, schreitet die Krankheit in der Regel langsamer fort und nimmt den chronischen Verlauf. Je frühere Zellstufen im Blutbildungsprozess vom Krebs betroffen sind, desto rasanter verläuft die Krankheit, da kaum noch gesunde Blutzellen neu entstehen. Eine akute Leukämie muss deshalb sofort behandelt werden.


Behandlung mit Knochenmarks-Stammzellen

Nachdem die mutierten Blutzellen und das Knochenmark zerstört worden sind, müssen sie ersetzt werden, denn ohne diese Zellen kann niemand überleben. Fremde gesunde Knochenmarks-Stammzellen müssen die Blutbildung im Körper der akut Leukämie-Kranken übernehmen. Wachstumsfaktoren fördern die Blutneubildung. Ein Spender sollte mit dem sogenannten HLA (Human-Leukozyten-Antigen)-Typus der Kranken so weit wie möglich übereinstimmen, um spätere Abstoßungsreaktionen zu vermeiden. In einer sogenannte Typisierung wird solch eine Übereinstimmung festgestellt.

Es gibt sechst HLA-Faktoren, die zwischen Empfänger und Überträger übereinstimmen sollten. Die HLA-Faktoren kommen in so vielen Varianten in der Bevölkerung vor, dass im Idealfall ein passender Spender unter 20000 Menschen für eine bestimmte Patientin gefunden wird. Bei seltener vorkommenden Merkmalskombinationen kann das Verhältnis schlechter als 1 zu über einer Million sein. Je mehr Menschen sich also als Spender registrieren lassen und dafür typisiert werden, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich übereinstimmende Typen bzw. genetische Zwillinge gefunden werden und ein potenzieller Spender zum Lebensretter werden kann.

Knochenmarks-Stammzellen können auch weitere leukämie-ähnliche Krankheiten heilen. Jährlich benötigen rund 1700 Menschen in Deutschland Hilfe von Knochenmarksspendern, Aus der restlichen Welt kommen 12000 Anfragen hinzu. Hierzulande sind bisher über drei Millionen potenzielle Spender registriert. Das ist rund ein Viertel der weltweit Registrierten.


Wie spende ich Knochenmarks-Stammzellen?

Wenn alle Vorbedingungen erfüllt sind und ein geeigneter Spender für eine an Leukämie erkrankte Person gefunden und die tatsächliche Spendenwilligkeit und Gesundheit des Spenders bestätigt wurde, kann es zur tatsächlichen Spende kommen. Bisher werden nur wenige Prozent der registrierten Spender tatsächlich innerhalb der nächsten zehn Jahre zur Spende aufgefordert. Behandlungs-, Reise- und gegebenenfalls Verdienstausfall-Kosten trägt die Krankenkasse der an Blutkrebs leidenden Person.

In den meisten Fällen kommt es zu der sogenannten peripheren Entnahme: Die Anzahl der Knochenmarkstammzellen im Blutstrom des Spenders wird künstlich erhöht mit Hilfe des Wachstumsfaktors G-CSF. Man könnte das vielleicht mit einer täglichen Düngergabe für Knochenmarkstammzellen vergleichen.

In einer spezialisierten Klinik wird nach fünf Tagen Knochenmarksstammzellvermehrung aus einer Armvene Blut über eine Art Filter geleitet, über das die gewünschten Stammzellen aussortiert werden. Das restliche Blut fließt über die andere Armvene wieder zurück in den Körper. Die Behandlung erfolgt ambulant an zwei aufeinanderfolgenden Tagen.

In einigen Fällen wird direkt Knochenmark aus dem Beckenknochen entnommen. Das geschieht unter Vollnarkose. Der Spender ist dafür in der Regel drei Tage lang in einer der Spezialkliniken untergebracht, wobei der Eingriff etwa eine Stunde dauert. Nach der Entnahme kann sich die gepikste Stelle anfühlen, als ob man gegen die Tischkante gestoßen ist. Innerhalb von 14 Tagen ist die Zahl der Stammzellen wieder auf dem Ausgangsniveau. Spender fühlen sich nach der Entnahme je nach Verfassung ein oder wenige Tage lang etwas angeschlagen.

In der Nabelschnur und Plazenta von Neugeborenen sind relativ viele Knochenmarkstammzellen enthalten. Normalerweise landen die Gewebe nach der Geburt im Abfall. Dabei könnten die daraus isolierten und eingefrorenen blutbildenden Stammzellen das Leben von leukämiekranken Kindern retten. Täglich werden rund 2000 Babys in Deutschland geboren.


Wie werde ich zum Spender?

Doch der erste Schritt ist die Registrierung und Typisierung bei der DKMS, der deutschen Knochenmarkspenderdatei. Man kann sich online oder per Telefon bei der DKMS anmelden und erhält weitere Infromationen und Wattestäbchen, um Abstrichproben aus der Mundhöhle für die Typisierung zurücksenden zu können.

Oder man nimmt an einer der vielen Typisierungsaktionen von Vereinen und Firmen teil, die landesweit organisiert werden. Dort werden den Neuspendern fünf Milliliter Blut für die Typisierung abgezapft. Die Laboruntersuchungen für eine Typisierung kosten rund 50 Euro. Die Kosten werden aus Spendengeldern gedeckt. Deshalb kann zumindest mit einer Geldspende helfen, wer selbst keine Knochenmarkstammzellen spenden kann oder will.

Die Typisierungsdaten werden an das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) weitergegeben. Dort landen alle Suchanfragen nach passenden Spendern aus Deutschland und der Welt.


Ein letzter Aufruf

Katja Rapp möchte ihren Sohn Benjamin gerne zu seinem zweite Geburtstag in die Arme schließen können. Um das erleben zu können, braucht sie dringend die Hilfe eines Menschen, der ihr genetischer Zwilling ist. Es braucht gar nicht so viel Mut zum Lebensretter zu werden, ob für Katja Rapp oder einen Menschen in ähnlicher, verzweifelter Lage auf der Welt.

Nehmen Sie an Typisierungsaktionen in Ihrer Region teil oder tragen Sie sich per Internet bei der DKMS ein. Wer selbst nicht gesund ist, zu jung oder zu alt, kann mit einer Spende dazu beitragen, dass möglichst viele Gewebe- und Blutproben typisiert werden können. Oder man organisiert selbst mit Unterstützung der DKMS Typisierungsaktionen oder hilft bei solchen mit. Alle gemeinsam können wir die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass passende Knochenmarks-Spender für Leukämiekranke gefunden werden.


Quellen:

Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS)
Gesellschaft der epidemiologischen Kregsregister in Deutschland (GEKID)
Familie und Freunde helfen Katja Rapp in ihrem Kampf ums Überleben.
Kompetenznetz Leukämie
Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ)
Das freie Online-Lexikon Wikipedia über Leukämie

1 Kommentar:

Susanna hat gesagt…

Leider war Katja Rapps Körper von den Strapazen der Krankheit und Abwehrreaktionen gegen die Behandlung mit fremden Stammzellen so geschwächt, dass sie sich nicht wieder erholte. Am 16. Juli starb sie nach sieben Monaten vergeblichen Kampfes.
Um so wichtiger ist es, dass sich möglichst viele Menschen als Spender im frühen Erwachsenenalter registrieren lassen. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die am besten passende Spender gefunden werden können. Je besser die Gewebemerkmale zwischen Spender und Empfänger übereinstimmen, desto geringer das Risiko von Abwehrreaktionen gegen die Spenderzellen.