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Montag, 16. Februar 2009

Über Forscherkarrieren

Tobias Maier schreibt über seine Wissenschaftlerkarriere als Biologie-Postdoc in seinem Wissenschaftskommunikations-Blog WeiterGen und malt ein düsteres Bild, das einem als Biologin schon sehr bekannt vorkommt.

Ich würde trotzdem jedem dazu raten, das zu studieren, was ihm/ihr liegt. Vielleicht sollte man aber dafür von vorneherein im Ausland starten oder zumindest einplanen, irgendwann zu wechseln. Oder ein verwandtes Fach an der FH auswählen, das zu einem brauchbaren Beruf ausbildet.

Ich hatte teilweise schon am Dienstag meine halbe Stelle, für die ich bezahlt wurde, abgeleistet, aber im Freundes- und Bekanntenkreis ging es teilweise heftig zu.

Zumindest vor einigen Jahren noch gab es vereinzelt BetreuerInnen, die DoktorandInnen Stellen für ein Jahr anboten, dann damit kalkulierten, dass das Arbeitsamt ein Jahr die Doktorarbeit fördert, dann wieder einen Vertrag anboten, usw. . Eine Doktorarbeit soll 3-4 Jahre dauern, manches Mal werden 5, 6 und mehr Jahre daraus. Das scheint es heute zum Glück immer seltener zu geben.

Meine StudienkollegInnen, die bei der Bio geblieben sind und mit denen ich noch Kontakt habe oder von denen ich zumindest höre, arbeiten in Großbritannien, der Schweiz oder Skandinavien. Haltet euch fest, liebe Mitbiologinnen, zumindest zum Teil auf Dauerstellen. Ein großer Teil ist nach dem Diplom in der Pharmabranche untergekommen, muss auch nicht alles schlecht sein, die werden zumindest in der Regel super bezahlt. So einige haben komplett umgeschult auf alles Mögliche.

Eine Freund hat sich von 3-Monats-Vertrag zu 3-Monats-Vertrag durchgehangelt, bis er dann endlich eine richtige Doktorandenstelle bekommen hat auf seinen Antrag hin. Eine Bekannte hat fast ein Jahr nach der Diplomarbeit ohne Bezahlung ihre Doktorarbeit vorbereitet. Ein anderer Bekannter hat eine Super-Promotion hingelegt, 9 oder 10 Veröffentlichungen daraus gemacht, ein Jahr am Institut weitergearbeitet auf Arbeitsamtskosten, sich dann in UK auf eine Dauerstelle beworben und sie bekommen. Er wurde tatsächlich gefragt, weshalb er ginge.

Ich würde gerne wissen, ob es in anderen Naturwissenschaften ähnlich zugeht oder nur in der Biologie? Bei den GeologInnen scheint es ähnlich zu sein.

Ich weiß jedenfalls nicht, wo man die ganzen Naturwissenschaftler angeblich braucht, von denen anscheinend immer noch zu wenige ausgebildet werden. An Unis, Forschungsinstituten und in der Privatwirtschaft braucht man jedenfalls nur einen Bruchteil der BiologInnen, die ausgebildet werden und da müssen die Qualifikationen schon zu 100% stimmen. Es wird den Leuten offenbar abgesprochen, dass sie auch nach der Doktorarbeit noch lernfähig sind und sich neue Gebiete erschließen können, andererseites wird genau das verlangt. Verrückte Welt.

Donnerstag, 12. Februar 2009

Zum 200. "Geburtstag" des Naturforschers Charles Darwin

Zurzeit hört man viel über Darwin, der am 12.2.1809, heute vor 200 Jahren, geboren wurde. Er wird dieses Jahr als Begründer der Evolutionstheorie gefeiert.

Darwins Theorie erklärt bis heute schlüssig, warum sich die Artenvielfalt der Erde entwickeln konnte und dass sich die Evolution auch weiterhin auf alles Leben der Erde auswirkt, auch wenn die Theorie inzwischen natürlich weiterentwickelt wurde. In damaliger Zeit war seine Theorie gesellschaftlich brisant. Man wusste aus der landwirtschaftlichen Praxis, dass man bestimmte Merkmale von Tieren und Pflanzen herauszüchten konnte, indem man Individuen mit bestimmten Eigenschaften für die Zucht selektierte. Das ganze Gedankengebäude Darwins widersprach den von den Religionsgemeinschaften verbreiteten Schöpfungsmythen und lieferte eine für alle nachvollziehbare Erklärung mit. Ursprünglich sprach Darwin in seiner Theorie allein von natürlicher Selektion. Das wurde damals kritisiert, weil es zu sehr nach einem aktiven Wirken der Natur klänge aber doch ein eher passiver Prozess sei. Deshalb ergänzte er "survival of the fittest". Darwins Aussagen und die Evolutionstheorie wurden und werden vielfach missinterpretiert.

Erschreckend ist, dass man in den Medien - ich spreche hier von Deutschlandfunk und taz - hören und lesen muss, dass Darwin vom Überleben des Stärkeren oder Tüchtigsten gesprochen hätte. Das war und ist noch immer falsch. Im Online-Wörterbuch LEO wird mehrfach über die richtige Übersetzung in biologischem Zusammenhang diskutiert, aber offiziell wird das falsche oder zumindest sehr missverständliche Überleben des Tüchtigsten als Übersetzung in biologischem Sinne genannt. Ich habe heute die Diskussion von 2007 im LEO-Forum wiederaufgenommen als Autorin Sanna, wer nachlesen will. Vielleicht ändert sich demnächst die Eintragszusammensetzung, wäre schön. Ich werde das hier kommentieren.

Richtig in biologischem Sinne ist die Übersetzung Überleben der Bestangepassten oder Sinnverwandtes. Ich habe als Biologin nie einen anderen Zusammenhang gelernt, schon als Schülerin nicht. Die Bestangepassten können je nach Umweltgegebenheiten die kooperativsten, die stärksten oder vielleicht die am besten geschützten Individuen sein. Am besten angepasst kann also Vieles bedeuten. Ganz gut erklärt werden die Zusammenhänge rund um "survival of the fittest" bei Wiktionary. Beim Tagesspiegel habe ich gerade einen ganz guten Artikel über Darwin gefunden. Was mich etwas dabei irritiert ist, dass der Autor der selbe Mensch zu sein scheint, der im Deutschlandfunk vom "Überleben des Stärkeren" geredet hat, was mich zu einem Brüller veranlasste. Womöglich habe ich wegen des Brüllers nicht alles mitbekommen.

Wie kommt es zu der weit verbreiteten Fehlübersetzung und der daraus herrührenden Fehlinterpretation der Evolutionstheorie auch heute noch? Ein Erklärungsversuch: Im Deutschen bedeutet fit ausschließlich gut trainiert / köperlich in Form. Im Englischen jedoch ist die Hauptbedeutung passend / angepasst; in einer Nebenbedeutung hat das Wort die gleiche Bedeutung wie im Deutschen. Wer als einfach vom Deutschen fit ausgeht und die Evolutionstheorie nicht wirklich kennt, übersetzt schnell falsch. Manch eine/-r hat übersetzt womöglich bewusst falsch. Kritikern der Evolutionstheorie, die etwas gegen die Erklärung der Welt durch die Naturwissenschaften haben, kommt die Fehlübersetzung vermutlich gelegen, weil sie so schön unmenschlich klingt, besonders gepaart mit dem "Kampf ums Dasein".

Für durchgeknallte, machtbesessene Diktatoren und ihre Unterstützer Anfang und Mitte des 20. Jahrhunders kam die Fehlübersetzung und die damit einhergehende Fehlinterpretation der Evolutionstheorie gerade recht, um faschistische Rassentheorien zusammenzuspinnen und damit den irrsinnigen Mord an Menschen jüdischen Glaubens und anderen Minderheiten als pseudo-rational, pseudo-wissenschaftlich begründet darzustellen. Heutige dumpfbackige Gefolgsleute dieser Irren finden die Fehlinterpretation und die Übertragung einer biologischen Theorie auf gesellschaftliche Modelle immer noch toll und verstehen dabei gar nichts. Aufgeklärte Menschen hingegen lassen sich den ganzen Schwachsinn nicht so leicht aufbinden und hinterfragen das krude Zeug, was so manche Leute von sich geben. Zum Glück gibt es immer mehr davon. Und selbst einige Religionsgemeinschaften haben ihre Deutungshoheit der menschlichen Entwicklung - und was dazugehört - halbwegs freiwillig aufgegeben und anerkennen, dass man heute Erklärungen für Naturphänomene hat, die man vor rund 2000 Jahren und früher einfach noch nicht erklären konnte.

Deshalb ergeht hier meine Aufforderung an alle, die Missverständnissen vorbeugen wollen: Bitte benutzt ausschließlich "Überleben der Bestangepassten" oder Sinnverwandtes, wenn ihr über Darwin und "survival of the fittest" redet!