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Freitag, 5. Oktober 2007

Gedanken steuern Arme von Gelähmten

Susanna Knotz, 5.10.2007

Eine Forschergruppe um Rüdiger Rupp von der Heidelberger Orthopädischen Universitätsklinik arbeitet zusammen mit Spezialisten für Fluidtechnologie des Forschungszentrums Karlsruhe und Experten für die Übertragung von Gehirnbefehlen auf Computer der TU Graz, um Gelähmten das Greifen wieder zu ermöglichen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bewilligte jetzt Fördergelder in Millionenhöhe.

Prothesen dienen schon längst nicht mehr nur dem kosmetischen Ersatz verlorener Körperteile. Inzwischen bieten einige Porthesen ihren Nutzern die Möglichkeit, verlorene Funktionen wiederzuerlangen. Bewegungen und Muskelkontraktionen aus Arm und Schulter werden mittels Sensoren gemessen und in einen Befehl an die Prothese übersetzt. Die Prothesen-Nutzer müssen lernen, die richtigen Muskeln anzuspannen oder die entsprechenden Bewegungen mit der Schulter auszuführen, damit die Prothese die korrekte Bewegung ausführt. Diese Art Prothese war bisher relativ schwer, ermüdete den Träger schnell und die Bewegungen, die man mit ihr ausführen konnte, wirkten mechanisch.

Moderne Prothesen, wie die Fluidhand, die von den Karlsruhern Forschern entwickelt wurde, imitieren Fingerbewegungen mit Hilfe von Öl, das in die künstlichen Gelenke hinein- oder herausgepumpt wird. Die Bewegungen wirken natürlicher und die Prothese ist leichter. Sensoren auf den künstlichen Fingern registrieren den Druck, mit dem die Kunstfinger zugreifen, und geben dem Nutzer eine Rückmeldung darüber, damit der Griff je nach Gegenstand angepasst werden kann.

Es gibt in Deutschland etwa hunderttausend Querschnittsgelähmte, deren Arme und Hände im Prinzip intakt sind. Aber sie erhalten keine Befehle vom Gehirn mehr, weil die entsprechenden Nervenleitungen unterbrochen sind. Ihnen können Neuroprothesen nutzen, die Nervenimpulse ersetzen. Sie stimulieren die vorhandene Muskulatur elektrisch und unterstützen oder ersetzen sie mit künstlichen Muskeln, so genannten Fluidaktoren. Das Prinzip nennt sich Funktionelle Elektrostimulation (FES). Das verletzte Rückenmark wird dabei einfach überbrückt.

Das Forscherkonsortium will sich jetzt daran machen, auch Patienten zum Greifen zu verhelfen, deren Schulter und Ellenbogen nicht zu gebrauchen sind. Ihnen soll eine Art Muskelärmel übergestreift werden, der sowohl die vorhandene Muskulatur stimuliert als auch künstliche Muskeln nutzt, wie sie in der Fluidhand eingesetzt werden. Die Patienten sollen Arm und Hand mit ihrem Gehirn steuern können statt mit Schulterbewegungen oder Muskelanspannungen, was bei stark gelähmten gar nicht möglich ist.

Das Prinzip der Hirn-Computer-Schaltstelle (BCI - Brain Computer Interface) funktioniert, weil nicht nur eine tatsächliche Bewegung sondern auch der Gedanke an eine Bewegung charakteristische Nervenimpulsmuster im Gehirn erzeugen kann. Die Art des Bewegungsgedankens ist dabei nebensächlich. Für die Übertragung an die Neuroprothese kommt es darauf an, dass die Hirnaktivitäts-Muster eindeutig sind, leicht zu erkennen und zu lesen sind. Die Arbeitsgruppe Brain-Computer-Interface der TU Graz stellt ein paar kurze Filme auf ihren Internetseiten bereit, die zeigen, wie man mit Gedankenkraft Computer und gelähmte Gelenke steuern kann.

Der WDR hat mit seinem Wissenschaftsmagazin Quarks & Co modernen Prothesen und ihrer Weiterentwicklung am 18. Spetember 2007 eine ganze Sendung gewidmet, die auf den Internetseiten abgerufen werden kann. Wer eine schriftliche Zusammenfassung der einzelnen Magazin-Themen bevorzugt, kann hier nachlesen.

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