Der Europarat hat am 26. September 2007 beschlossen, den 10. Oktober zum Tag gegen die Todesstrafe zu erklären. Heute, einen Tag zuvor, trafen sich die Vertreter der 47 Mitgliedsstaaten des Europarates unter der EU-Ratspräsidentschaft Protugals in Lissabon zu der Konferenz Europa gegen die Todesstrafe. Der Europarat repräsentiert rund 800 Millionen Europäer.
Seit zehn Jahren wurden in diesen 47 Ländern keine Todesurteile mehr gefällt und umgesetzt. "Heutzutage gilt die Todesstrafe weithin als barbarisch. Sie verhindert keine Verbrechen, sie verwandelt Mörder in Märtyrer und Justizirrtümer enden unwiderruflich in Tragödien.", so Generalsekretär Terry Davis. Und weiter: ''Die Abschaffung der Todesstrafe in Europa ist der Höhepunkt unserer Fortschritte zum Schutz der Menschenwürde und der Menschenrechte. Der Europäische Tag gegen die Todesstrafe wird uns dabei helfen, Fortschritte zu machen, so dass eines Tages, in nicht allzu ferner Zukunft, die Todesstrafe weltweit abgeschafft ist''.
Der Generalsekretär beschreibt die drei wichtigsten Ziele, auf die der Tag gegen die Todesstrafe aufmerksam machen soll. Erstens sollen auch skeptische EuropäerInnen die Argumente gegen die Todesstrafe kennenlernen und sie vertreten können. Zweitens soll anderen Ländern vorgeführt werden, wie effizient ein Rechtssystem ist, das sich an Menschenrechte hält, selbst im Kampf gegen Terrorismus. Und drittens sollen andere Länder, auch solche, die im Europarat Beobachterstatus haben, davon überzeugt werden, die Todesstrafe selbst zu abzuschaffen. Das ist als klare Aufforderung an die Vereinigten Staaten von Amerika zu verstehen, auch wenn das Land nicht namentlich genannt wird.
Abschaffung der Todesstrafe in den Europaratländern
Bis auf Aserbaidschan und Russland haben die meisten europäischen Länder das Protokoll Nr. 13 (Vilna, 2002) unterzeichnet, ratifiziert und umgesetzt. Protokoll Nr. 13 besagt, dass die Todesstrafe unter keinen Umständen, d.h. auch nicht in Ausnahmesituationen, wie z.B. zu Kriegszeiten, verhängt werden darf. Die Russische Unterschrift fehlt allerdings auch noch unter Protokoll Nr. 6 (Strassbourg, 1983), das die Todesstrafe in Friedenszeiten abschafft. Heute wollte Frankreich Protokoll Nr. 13 ratifizieren. Auch Armenien, Italien, Lettland, Polen und Spanien haben bisher ihre Zusage, die Todesstrafe unter allen Umständen abzuschaffen, noch nicht verbindlich umgesetzt. Weißrussland hat seit 1997 Todesurteile vollstreckt, es ist kein Mitgliedsland.
Laut Amnesty International wurden 2006 weltweit offiziell 1591 Personen hingerichtet, über 1000 davon in China, die anderen in Pakistan, dem Iran, dem Irak, dem Sudan und den Vereinigten Staaten. Inoffiziell liegt die Zahl der Hinrichtungen vermutlich um einiges höher. Um die 20000 Menschen warten weltweit auf die Vollstreckung ihrer Todesurteile. Weitere Informationen über die Thematik mit Link zur Unterstüztung eines Moratoriums der Vereinten Nationen zur weltweiten Abschaffung von Hinrichtungen. Die Petition wird im November an die Vereinten Nationen übergeben.
Extrem hohe Fehlerrate bei Todesurteilen in den Vereinigten Staaten
Im Jahr 2000 veröffentlichten der Rechtsprofessor James S. Liebman und Jeffrey Fagan von der Columbia Rechtshochschule zusammen mit Valerie West vom John Jay College für Kriminalrecht eine Untersuchung über Irrtümer, die bei Verhängung der Todesstrafe in den Vereinigten Staaten zwischen 1973 und 1995 aufgetreten sind. Auslöser für die Untersuchung war eine Anfrage des Rechtssausschusses des Senats gewesen. Es stellte sich heraus, dass 68 % der ursprünglich verhängten Todesstrafen fälschlicherweise ausgesprochen worden waren, das entspricht 2370 Fällen. Neun Prozent der ursprünglich zum Tode Verurteilten stellten sich als unschuldig heraus. Die Überprüfung durch Grichte dauerte im Schnitt rund 10 Jahre.
Die zweite Studie, die sich auf mit den Ursachen für falsch verhängte Todesurteile beschäftigte, erschien 2002 mit drei weiteren Autoren (Anrew Gelman, Garth Davies, Alexander Kiss). Je mehr Todesurteile insgesamt verhängt worden waren, desto mehr Fehlurteile wurden gezählt. Hauptverantwortlich für die Irrtümer waren danach inkompetente Strafverteidiger, die wichtige Beweise übersehen oder nicht beachtet hatten. Eine weitere Ursache war, dass Polizei und Staatsanwaltschaft Entlastungsbeweise zurückgehalten oder Ermittlungsfehler begangen hatten. Des Weiteren waren Schöffen falsch informiert worden oder voreingenommen, wie auch die Richter. Anstehende Wahlen erhöhten die Fehlerquote wohl aufgrund des Druckes auf die Richter. Je höher der Anteil von Schwarzen und von Sozialhilfeempfängern in einem Bundesstaat, desto höher lag der Anteil fälschlich verhängter Todesurteile. Stieg der Anteil von Weißen an den Mordopfern, stieg auch die Anzahl von Fehlurteilen. Die Autoren folgern, dass einiges getan werden müsse, um die Todesstrafe als eine gerechte Strafe zu verhängen. Im Zweifelsfall sei die beste Lösung, die Todesstrafe abzuschaffen. Beide Studien auf Englisch sind frei zugänglich.
Giftcocktail ist nicht "humaner" als andere Hinrichtungsarten
Im April 2007 veröffentlichte eine Gruppe von Medizinern in PlosMedicine eine Untersuchung über die Inhumanität der Giftspritze, die in den Staaten als vermeintlich humanes Mittel eingesetzt wird zur Vollstreckung der Todesstrafe. Sie stellten fest, dass vermutlich einige der Hingerichteten qualvoll und bewusst erstickt waren statt unter Narkose einem schnellen Herzstillstand zu erliegen. Die Anästhesisten verglichen die Sterbezeiten und eingesetzten Dosen mit Tiertötungen zu Forschungszwecken. Diese dürfen nur von extra geschultem Personal ausgeführt werden und es gelten strenge Regeln im Gegensatz zu den Hinrichtungen. Im Editorial des Wissenschaftsmagazins werden die Vereinigten Staaten dazu aufgerufen, die Todesstrafe abzuschaffen und sich für ihre weltweite Ächtung einzusetzten. Im letzten Jahr weigerten sich zwei Ärzte bei einer Hinrichtung zu assistieren. Die Hinrichtung wurde aufgeschoben. Das Ärzteblatt berichtete über den Fall und die Hintergründe.
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